Transparenz in Krankenhäusern: Auf​ Finanzen​ fokussierter Schlagabtausch

Das Bund-Länder-Gerangel über mehr digitale Transparenz für Krankenhäuser wird von der Finanzierungsfrage der Krankenhäuser dominiert.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 3 Kommentare lesen
Krankenhausflur

(Bild: Grayscvle/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti
Inhaltsverzeichnis

Vor dem Hintergrund großer finanzieller Schwierigkeiten der Krankenhäuser debattierte der Bundestag den Entwurf für ein "Krankenhaustransparenzgesetz" der Ampel-Koalition in erster Lesung. Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass das Bundesgesundheitsministerium aktuelle und laufend aktualisierte Informationen über das Leistungsangebot und die Qualität der stationären Versorgung in Deutschland veröffentlicht. Dies soll Patientinnen und Patienten ermöglichen, sich angemessen über die Leistungen und die Qualität der Krankenhäuser zu informieren.

Das Transparenzgesetz zur Versorgungsqualität in den Krankenhäusern sei "längst überfällig", betonte Karl Lauterbach: "Wir können die Menschen nicht länger mit dieser existenziellen Frage alleine lassen". Bei Brustkrebs sei die Sterblichkeit um 25 Prozent niedriger, wenn die Patientinnen in einem zertifizierten Brustkrebszentrum behandelt werden. Ähnliche Sterblichkeitsunterschiede gebe es auch bei der Behandlung von Darmkrebs und Herzinsuffizienz.

Dem Argument, mit dem Transparenzgesetz werde ein Bürokratiemonster aufgebaut, entgegnete Lauterbach, dass für die Auswertung vorliegende Routinedaten verwendet werden würden: "Das Traurige ist, dass wir die Daten haben. Wir haben sie aber nie veröffentlicht. Das kann nicht richtig sein", sagte Lauterbach. Oftmals würden gerade kleine Kliniken als Fachkliniken beste Behandlungsergebnisse erzielen. Eine weitere Verzögerung in Sachen Transparenz sei "zynisch", da man damit weiterhin Krankenhäuser fülle, die Qualitätsdefizite nicht abstellten.

Der SPD-Gesundheitspolitiker Matthias David Mieves verwies darauf, dass die aktuellen Qualitätsberichte zu den Krankenhäusern zwar bereits im Transparenzregister des gemeinsamen Bundesausschusses online verfügbar seien – jedoch als PDF-Datei mit über 1.000 Seiten zu einer einzigen Klinik unverständlich seien. Mieves sagte: "Wir brauchen die richtigen Informationen, sodass sie verlässlich und verständlich sind, und zwar für alle in diesem Land". Damit spielten sowohl Lauterbach als auch Mieves darauf an, dass das Wissen um gute Behandlungszentren immer noch privilegiert sei.

Die Krankenhäuser sollen verschiedenen Versorgungsstufen (Levels) zugeordnet werden, darunter spezielle Levels für Fachkrankenhäuser und sektorenübergreifende Versorger. Die Opposition befürchtet, dass dadurch Patientenströme zulasten kleinerer Krankenhäuser gelenkt werden. Die Bundesregierung betont, dass die geplante Transparenz keine Auswirkungen auf die Krankenhausplanung der Länder oder die Krankenhausvergütung habe. Definition und Ausgestaltung der Leistungsgruppen bleibe der Krankenhausreform vorbehalten und das vereinbarte Verfahren zur Definition und Weiterentwicklung der Leistungsgruppen werde beibehalten.

Die Befürchtung, das Transparenzgesetz sei ein Vorgriff auf die Krankenhausreform, bezeichnete Armin Grau von den Bündnisgrünen als "Angstmacherei". Er verteidigte die geplante Transparenz als vertrauensbildende Maßnahme, die den Patienten helfe, selbstbestimmte Auswahlentscheidungen zu treffen. Grau betonte, dass die geschaffene Transparenz "in keiner Weise in die Planungshoheit der Länder" eingreife. Die geplanten Stufen hätten informativen Charakter, die Länder würden die Leistungsbereiche zuordnen: "Da gibt es keine Konkurrenz, da passt kein Blatt zwischen Bund und Länder".

Politiker aller Oppositionsparteien lehnten das Gesetz mit der Begründung ab, der Bund müsse zunächst die Finanzierung der Krankenhäuser sicherstellen. Erst dann könne man für mehr Transparenz bei der Qualität der Versorgung sorgen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach verwies darauf, dass der Bund die Krankenhäuser während der Corona-Pandemie mit 21 Milliarden Euro und zur Abfederung der Energiekrise infolge des Ukraine-Krieges mit weiteren 6 Milliarden Euro unterstützt habe. Die Länder hingegen hätten in den letzten zehn Jahren 30 Milliarden an Investitionskosten nicht bezahlt.

Die aktuellen Proteste gegen den Bund grenzten daher an "Heuchelei, weil der Bund immer bezahlt hat". Der gesundheitspolitischen Sprecher der CDU/CSU-Fraktion Erwin Rüddel begründete den Unionsantrag mit dem Titel "Vorschaltgesetz jetzt beschließen und kalte Strukturbereinigung in der deutschen Krankenhauslandschaft verhindern" mit dem Argument, dass es dringend einen finanziellen Ausgleich für die kommenden Monate brauche. Der CSU-Politiker Stephan Pilsinger zählte dazu Zahlen auf:

Ende 2022 wären 20 Prozent der 1.700 Krankenhäuser in Deutschland defizitär, Ende 2023 bereits 50 Prozent und Ende 2024 etwa 70 bis 80 Prozent. Im Jahr 2024 seien 31 Prozent der Krankenhäuser akut insolvenzgefährdet. Schuld sei der Bund.

Der Grünen-Politiker Johannes Wagner hielt den Unionspolitikern entgegen, dass unter anderem Bayern die notwendige Krankenhausreform blockiere. Die Reform soll nach Willen der Ampel-Koalition mit der Abschaffung des Fallpauschalensystems die weitere Ökonomisierung des Krankenhaussystems verhindern. Die Fallpauschale hatte erst zu dieser Schieflage geführt.

(mack)