Wasserstoff: So soll das deutsche Kernnetz aussehen

Die Fernleitungsnetzbetreiber haben einen ersten Plan vorgelegt, wie wichtigste Wasserstoff-Einspeiser und -Verbraucher miteinander verbunden werden können.

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(Bild: petrmalinak/Shutterstock.com)

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In Deutschland soll möglichst schnell eine Wasserstoffinfrastruktur entstehen. Wie ein dafür nötiges Kernnetz aussehen soll, haben nun die deutschen Fernleitungsnetzbetreiber (FNB) vorgestellt. Nach dem gegenwärtigen Planungsstand soll es 11.200 Kilometer lang sein und zu gut mehr als der Hälfte aus Leitungen bestehen, die momentan als Gasleitungen genutzt werden.

Das Wasserstoff-Kernnetz bezeichnet das Bundeswirtschaftsministerium als die erste Stufe und Grundgerüst einer bundesweiten Wasserstoffinfrastruktur. Mit dem Kernnetz sollen große Industriezentren wie die Stahl- und die Chemie-Branche, Speicher, Kraftwerke und Importkorridore angebunden werden. Das Kernnetz soll wichtige Wasserstoffinfrastrukturen enthalten, die bis 2032 in Betrieb gehen sollen. Die zweite Stufe sieht eine umfassende Planung in einem integrierten Netzentwicklungsplan (NEP) Erdgas und Wasserstoff für die Jahre 2025 bis 2037 vor. Dann würde erst deutlich, wie sich die Planung auf die Privathaushalte auswirkt.

In der bisherigen Netzplanung wurden insgesamt 309 Wasserstoffprojekte berücksichtigt. Die Wasserstoff-Einspeiseleistungen betragen insgesamt 101 GW. An Ausspeiseleistung können 87 GW zur Wasserstoffversorgung bereitgestellt werden. Es sollen lange Verbindungen vom Norden in den Süden Deutschlands sowie von Osten nach Westen geschaffen werden, die Kosten dafür schätzt der FNB auf einen niedrigen zweistelligen Milliardenbetrag.

(Bild: fnb-gas.de)

Zu dem nun vorgelegten Plan der FNB können Betreiber von Verteilernetzen, Wasserstoffnetzbetreiber und Betreiber von sonstigen Rohrleitungsinfrastrukturen Stellung nehmen. Sie können den FNB auch weitere Infrastrukturen für das Kernnetz anmelden. Anschließend werde geprüft, ob die gemeldeten Leitungsinfrastrukturen verwendbar sind und im finalen Plan der FNB berücksichtigt werden. Das daraus resultierende "optimierte Kernnetz" soll möglicherweise kleiner als die bisher veranschlagten 11.200 Kilometer sein und im kommenden Herbst der Bundesnetzagentur übergeben werden.

Unterdessen hat sich die Regierungskoalition auf einen Entwurf für eine neue Nationale Wasserstoffstrategie geeinigt. Wasserstoff soll demnach künftig nicht nur in Industrie und Verkehr, sondern auch beim Beheizen von Wohnräumen genutzt werden. Beim Heizen soll ihm allerdings "eine nachgeordnete Rolle" zukommen, berichtet dpa. Ob Privathaushalte in der Zukunft mit Wasserstoff heizen dürfen oder nicht, war einer der Streitpunkte in der Koalition beim Ausarbeiten des Gebäudeenergiegesetzes.

Die Bundesregierung will ein schnelles Wachstum des Wasserstoffmarktes. So soll vor allem in bestimmten Wirtschaftsbereichen der hohe Ausstoß von Treibhausgasen reduziert werden. Für die angestrebte Klimaneutralität gilt mit Ökostrom erzeugter Wasserstoff – auch grüner Wasserstoff genannt – besonders in der Industrie als zentraler Baustein.

Eine erste Fassung der Nationalen Wasserstoffstrategie hatte die Große Koalition 2020 vorgelegt. Die aktuelle Regierung will nun den Aufbau eines bundesweiten Wasserstoffnetzes vorantreiben und sicherstellen, dass künftig – ergänzt durch Importe – genügend Wasserstoff zur Verfügung steht. Im Inland soll bis 2030 die Kapazität für Elektrolyse, mit der Wasserstoff erzeugt wird, von 5 auf mindestens 10 GW erhöht werden.

Ob für die vielen Zwecke einmal genügend Wasserstoff zur Verfügung steht, gilt unter Experten als äußerst fraglich. Die Branche der Leitungsbetreiber zeigt sich jedoch optimistisch: Stehe erst einmal die Infrastruktur, werde das auch Produzenten anlocken.

(anw)